Das Christkind konnte es nicht fassen – es hatte ein Geschenk verloren. Wie konnte das passieren? Seit Hunderten von Jahren hatte es immer zuverlässig alle Geschenke ausgeliefert. Gut, ein paar Mal war es knapp geworden und einmal hätte es fast den Heiligen Abend verschlafen – aber noch nie hatte es ein Geschenk verloren. Verzweifelt kramte es noch einmal in seinem Rucksack, aber da war nur noch ein einziges Geschenk zu finden – und zwar das der kleinen Leonie: Es war eine Tonie-Box mit einer Sammlung extrem seltener Disney- und Peppa-Woods-Figuren. Es war gar nicht so einfach, an diese Unikate heranzukommen, aber für Leonie ließ das Christkind seine Beziehungen spielen und bat sogar den Osterhasen und den Weihnachtsmann um Hilfe. Der fleißige Osterhase entdeckte schließlich die Sammlerstücke und schickte sie dem Christkind per Express, damit sie rechtzeitig zu Weihnachten ankamen.

Behutsam legte das Christkind Leonies Geschenk unter den prächtig geschmückten Weihnachtsbaum. Kleine weiße Engel, liebevoll verzierte Strohsterne, glänzende rote Kugeln und ein farbenfroh funkelnder Weihnachtsmann mit einem großen Sack voller Geschenke schmückten die außergewöhnlich symmetrische Tanne. „Der Weihnachtsmann hat bestimmt noch kein Geschenk verloren“, seufzte das Christkind kopfschüttelnd, während es ein letztes Mal in seinem Rucksack nach dem Geschenk für die kleine Lieselotte kramte. Diesmal durchsuchte es auch die Geheimfächer, in denen die Elfen manchmal kleine Überraschungen für das Christkind verstecken. Doch auch hier wurde es nicht fündig. 

„Arme kleine Lieselotte! Ein Weihnachtsfest ohne Geschenke, wie kann ich das bloß wieder gut machen?“, murmelte das Christkind traurig vor sich hin. „Bist du es wirklich?“, flüsterte plötzlich eine helle, klare Stimme. Das Christkind zuckte zusammen: „Oh nein, das darf nicht wahr sein! Jetzt habe ich nicht nur ein Geschenk verloren, sondern bin auch zum allerersten Mal entdeckt worden.“ Das Christkind drehte sich langsam um und sah die kleine Leonie in der Wohnzimmertür stehen. „Toll, du bist es wirklich, das Christkind!“, freute sich Leonie. „Aber warum siehst du so traurig aus?“ „Ich habe das Geschenk der kleinen Lieselotte verloren“, gestand das Christkind mit zitternder Stimme. Schlimmer konnte dieser Weihnachtsabend nicht mehr werden. 

„Du kannst ihr mein Geschenk geben“, bot Leonie nach kurzem Überlegen an. „Wie meinst du das?“, fragte das Christkind erstaunt. „Ich habe dieses Jahr schon so viele schöne Geschenke bekommen, da kann ich dieses Weihnachten auf ein Geschenk verzichten“, erklärte Leonie. „Bist du sicher?“ „Ja, ich bin sicher. Ich freue mich, wenn ich helfen kann. Das schönste Geschenk habe ich ja sowieso gerade bekommen – ich durfte dich kennenlernen“, lächelte Leonie.  Das Christkind überlegte, ob es diese großzügige Geste tatsächlich annehmen konnte. „Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll, liebe Leonie“, sagte es schließlich. „Ich verspreche dir, dass ich dir dein Geschenk nächstes Weihnachten bringe und wenn du möchtest, darfst du dir jetzt noch etwas wünschen.“ „Schnee!!!“, Leonie schrie fast vor Aufregung. „Ich wünsche mir weiße Weihnachten!“ „Das dürfte kein Problem sein“, freute sich das Christkind. „Frau Holle ist eine gute Freundin von mir.“ Und so kam es, dass sich die kleine Lieselotte am Weihnachtsabend über eine Tonie-Box mit seltenen Sammlerfiguren freute, während Leonie fröhlich durch die weiße Winterlandschaft tobte und mit ihren Lieben einen Schneemann baute.

Inspiriert zu dieser Geschichte wurde ich von meiner kleinen Nichte Leonie beim Geschenkeauspacken.