Am Weihnachtsmorgen wachten Leonie und Felix ganz besonders früh auf. Der Wetterbericht hatte Schnee angekündigt und die beiden freuten sich riesig darauf, einen Schneemann zu bauen. Aufgeregt sprangen sie aus ihren Betten und stürmten zum Fenster. Und tatsächlich, überall lag Schnee. Wiesen, Bäume, Sträucher, Dächer – einfach alles war mit einer dicken weißen Schicht zugedeckt. „Hurra!“, jubelten die beiden und schlüpften schnell in ihre Skianzüge. Ohne zu frühstücken liefen sie in den Garten. Nach einer kurzen Schneeballschlacht, machten sie sich an die Arbeit. Es sollte ein ganz besonders großer und schöner Schneemann werden. Mit vereinten Kräften rollten sie die erste Schneekugel zwischen den zahlreichen Obstbäumen hindurch und platzierten diese schließlich neben der großen Tanne, die das Grundstück an der Südseite begrenzte. „Darf ich mitspielen?“, rief plötzlich der kleine Nachbarsjunge Tim über den Zaun. Leonie und Felix schüttelten den Kopf. „Das ist leider ein Zwei-Personen-Job. Du darfst bei der nächsten Schneeballschlacht mitmachen.“ Tim kehrte ihnen traurig den Rücken. Doch Leonie und Felix hatten jetzt keine Zeit, sich um den kleinen Nachbarn zu kümmern. Sie mussten sich beeilen, um noch vor dem Mittagessen mit dem Schneemann fertig zu werden. Also formten sie noch schnell Kugel Nummer zwei und drei – und schon waren auch der Körper und der Kopf des Schneemannes fertig. Ganz ohne Dekoration sah er allerdings noch ein bisschen kahl aus. Also holten die beiden eine Handvoll Nüsse und eine Karotte und zauberten dem Schneemann damit geschickt ein freundliches Gesicht. 

Als die beiden am nächsten Tag nach ihrem Schneemann sahen, waren die Nüsse und die Karotte verschwunden. „Das gibt’s doch nicht! Jemand hat unserem Schneemann Augen, Mund und Nase geklaut!“ Leonie und Felix konnten sich nicht erklären, wer so etwas tun würde. „Ich weiß, wer die Nüsse und die Karotte geklaut hat“, rief plötzlich der kleine Tim von nebenan über den Zaun. Aber Leonie und Felix waren bereits wieder auf dem Weg ins Haus, um eine neue Karotte und neue Nüsse zu holen. Das Schneemanngesicht währte allerdings nicht lange – und so waren Nüsse und Karotte auch am nächsten und übernächsten Tag wieder verschwunden. Immer wieder bot der kleine Tim an, das Verschwinden aufzuklären. Doch Leonie und Felix waren zu sehr damit beschäftigt, selbst Detektiv zu spielen. 

Am fünften Tag startete Tim einen letzten Versuch. „Ich weiß wirklich, wer die Nüsse und die Karotte immer wieder klaut. Soll ich es euch denn nicht sagen?“ Tim schrie beinah vor Aufregung. „Wenn du es wirklich weißt, dann sag es uns!“ „Es sind das Eichhörnchen und der Feldhase. Ich habe von meinem Kinderzimmer aus beobachtet, wie sie sich die Leckereien immer wieder gestibitzt haben. Wenn im Winter Schnee liegt, ist es für die Tiere besonders schwer, Futter zu finden. Euer Schneemanngesicht war für die beiden im wahrsten Sinne des Wortes ein gefundenes Fressen.“ „Ohhh!“ Leonie und Felix staunten. Sie hatten sich die kühnsten Diebesabenteuer ausgedacht, aber mit tierischen Dieben hatten sie wirklich nicht gerechnet. „Was sollen wir denn jetzt machen?“ „Ihr könntet kleine Steine für die Augen und den Mund nehmen und einen Tannenzapfen für die Nase.“ „Das ist eine gute Idee“, antwortete Felix. „Willst du uns dabei helfen?“ „Gerne!“, freute sich Tim und machte sich mit Felix gleich auf die Suche. Nachdem sie dem Schneemann ein neues Gesicht gezaubert hatten, kam Leonie voll bepackt zurück aus dem Haus. Flink setzte sie dem Schneemann einen Hut auf den Kopf, wickelte ihm einen rot-weiß gestreiften Schal um den Hals und stellte eine Schüssel mit Nüssen und Karotten in den Schnee. „Toll, du hast uns einen Snack mitgebracht“, bedankten sich Felix und Tim. „Aber der ist doch nicht für euch! Der ist für das Eichhörnchen und den Feldhasen.“ 

Inspiration für diese Geschichte war das lustige Schneemannbauen mit meinem Bruder, meiner Schwägerin und meiner Nichte Leonie.